Die Tiere sind jedoch nicht nur in geschlossenen Räumen wie im Naturkundemuseum zu finden, sondern überall im Stadtraum von Troyes.

Die Stadt ist ein wahres Bestiarium unter freiem Himmel – ein direktes Erbe seiner mittelalterlichen Vergangenheit, da die Darstellung von Tieren damals durchaus alltäglich war und eine durch das Alte und Neue Testament inspirierte religiöse Konnotation hatte.

Die Kultgebäude waren wahre Arche Noahs voller reeller und fantastischer Tiere, die alle mit einer komplizierten Symbolik besetzt waren, die mal für das Gute, mal für das Böse standen. Und dabei gibt es immerhin zehn Kirchen und die Kathedrale in Troyes…

Die Wasserspeier ähnelten anschaulichen Figuren, wie die Sau, die ihre Kleinen säugt und das geflügelte Monster mit seinem Schlangenschwanz, die auf der Basilika Sankt Urban neben einer Sirene und einem Seepferdchen zu sehen sind.
An der Kathedrale ist ein Kind, das auf einem Schwein reitet zu sehen, sowie ein anderes, das mit einer Wolfsschnauze spielt, ein Löwe, der ein Buch liest und ein anderer, der von einem Zwerg geritten wird Wassermolche, Drachen, Einhörner, Greife, Chimären, Phönixe sowie Salamander, Hunde, Eulen, Schlangen und Bartgeier, Kühe, Uhus, Tapire, Widder und das Osterlamm bilden eine befremdliche Menagerie.

Die Kirche Saint-Remy hat einen seltsamen Hund in Schneckenform sowie ein eine Eichel pflückendes Eichhörnchen, einen Raben und einen Lachs zu bieten.
Die Kirche der Madeleine hat ein überraschendes Rind mit Froschschenkeln auf den Rücken zu bieten. Ja wenn das Monströse auf die überbordende Vorstellungskraft von Künstlern der damaligen Zeiten trifft. Dabei sollten die Bukranien nicht vergessen werden, die in der Kirche der Madeleine einen Pferdekopf, in der des Saint Nicolas einen Rinderkopf darstellen.
Die Maler, die die Kirche von Isle-Aumont dekoriert haben, sind stark von Schnecken inspiriert worden. Die zivilen Gebäude stehen dem nicht nach, wie das Hôtel du Petit Louvre beweist, wo man Frösche und Krebse fangen kann.

Es wäre möglich, noch unendlich viele Beispiele anzuführen. Aber es genügt, aufmerksam die Fassaden und Verzierungen zu betrachten.

Die Fachwerkhäuser haben auch einige vorzuweisen: hier, in der Ruelle des Chats (übersetzt: Katzengasse), einen Katzenkopf, dort, in der 28, Rue Général-Saussier, ein fantastisches Tier, in dem jeder sehen kann, was er will. 2002 wurde bei Restaurierungsarbeiten eines Fachwerkhauses in der 51. Rue Emile-Zola ein Wolf in einen der Balken geschnitzt.

Rue de la Trinité © Studio OG – TLCT

Tiere und Menschen werden bisweilen paarförmig dargestellt: Dies ist der Fall bei der Schlange, die Adam und Eva in der 108. Rue Emile-Zola mit Jakobsmuscheln im Hintergrund verführt. Die jüngere Geschichte hat einen Bienenstock und seine Bienen an der Kreuzung der Rue Coulommière und der Rue Ravelin beigesteuert, da, wo sich die Lager der „Ruche Moderne“ (übersetzt: moderner Bienenstock) befinden, die die Vorfahren des Großhandelsvertriebes sind.

Einige Straßennamen von Troyes verweisen ebenfalls noch auf diesen imaginären Zoo des Mittelalters: Rue du Paon (Pfauenstraße), Rue des Pigeons (Taubenstraß), Ruelle des Chats (Katzengasse), Rue de la Cornede- Cerf (Straße des Hirschgeweihs), Rue du Chevalier-au-Lion (Straße des Löwenritters), wobei sich die letzte auf Herrn Yvain, eine der von Chrétien de Troyes geschaffenen Figuren, bezieht.